Schnelle Messmethoden für Mikrobiologie in der Wasserwirtschaft
Aus Sicht der Messtechnik
Die mikrobiologische Wasseranalytik hat seit 2010 eine Revolution erlebt: Während klassische Labormethoden oft Tage brauchen und nur einen Bruchteil der Bakterien erfassen, liefern moderne Verfahren sofortige Ergebnisse – präzise und zuverlässig.
Innerhalb weniger Minuten können Totalzellzahlen bestimmt, lebende und tote Zellen unterschieden, der Stoffwechsel gemessen und spezifische Mikroorganismen wie E. coli detektiert werden. Zum Teil lassen BioSensoren sogar in sekundenschnelle eine qualifizierte Aussage zu. Studien wie das FlowDetect-Projekt, das Projekt TrinkControl der DVGW-TZW, Studien der Uni Gent und viele weitere internationale Studienprojekte zeigen, dass diese Technologien nicht nur zuverlässig und sehr sensitiv sind, sondern auch ideal sind für die Echtzeit-Überwachung der Wasserqualität.
Die Sagamo AG: Unabhängige Expertise für moderne Messtechnik
Als herstellerunabhängiger Dienstleister bewertet die Sagamo AG die Wasseranalysen aus Sicht der Messtechnik: Die Frage ist nicht mehr „Entspricht das Ergebnis der Laborkultur?“, sondern „Wie reproduzierbar sind die Messergebnisse und wir gut passt die Methode zur Anwendung.
– ein Paradigmenwechsel mit enormem Potenzial für die ganze Wasserwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Pharmaindustrie und die Prozesstechnik.
Was bringt das konkret?
- Schnellere Entscheidungen bei Störungen oder Kontaminationen
- Frühere Erkennung kritischer Verunreinigungen
- Kosteneinsparungen durch automatisierte Prozesse
Erfahren Sie hier welche Methoden sich für Ihre Anwendung eignen – und wie Sie damit Zeit und Ressourcen sparen und gleichzeitig die Risiken minimieren.
Anforderungen und Grundlagen
Die Anforderungen an schnelle Messmethoden sind dabei äußerst vielfältig: während Ultra-Reinstwasser der Halbleiterindustrie am Point of Use mit 0 KBE/1000 ml höchste Reinheit verlangt, darf Trinkwasser im Verteilnetz 100 KBE/ml enthalten - 100.000mal soviel.
In Badegewässern hingegen interessieren uns pathogene Keime, welche wir durch Messung von Indikatorbakterien wie E.Coli detektieren möchten.
In anderen Anwendungen interessieren uns der Eintrag von Oberflächenwasser oder die Effizienz von Desinfektionsmaßnahmen.
Moderne Messmethoden meistern diese Herausforderungen effizienter denn je – schneller, genauer und automatisierbar.
Einige Grundlagen für reproduzierbare Ergebnisse mikrobiologischer Wasserqualitätsmessungen:
Die Verteilung der Mikroorganismen in flüssigen Medien ist nicht homogen und ändert sich fortlaufend in kurzen Zyklen. Für eine möglichst exakte Messung sind daher grosse Probenvolumen in möglichst kurzen Zeitabständen wichtig.
Bei einigen Messmethoden sind 3 fach Analysen derselben Messprobe notwendig.
Wie können wir die mikrobiologische Wasserqualität messen?
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Die manuelle Normmethode “KBE - Koloniebildende Einheiten”

Die klassische und als Norm bekannte Methode ist der Plattentest auf welchem Kolonien gezählt werden.
Eine Kolonie ist eine mit bloßem Auge sichtbare Ansammlung von Mikroorganismen auf einem festen Nährmedium, die typischerweise durch das Wachstum und die Vermehrung aus einer einzelnen Zelle oder einem Zellverband entsteht.
Aus den Studien rund um die FlowCytometrie ist bekannt, dass in Trinkwasser leicht 50.000lebende Zellen vorhanden sein können, ohne dass sich Kolonien bilden.
Studien z.B. von Bogosian et al, Barer & Harwood, Oliver zeigten auf, dass auch bei E.Coli nur ein Bruchteil der Zellen (teilweise unter 3%) kultivierbar sind. Bereits der Ersatz der Plattentests durch Flüssignährmedien zeigt deutliche Unterschiede in der Erkennungsrate zugunsten der Flüssignährmedien.
Können Koloniebildende Messsysteme falsch positive oder falsch negative Messergebnisse liefern?
Ja. Falsch positive Messergebnisse können vielfältige Ursachen beginnend bei der Probenahme und Probenvorbereitung haben.
Auch falsch negative Messergebnisse sind möglich, wenn Bakterien nicht in der spezifischen Zeit im jeweiligen Umfeld Kolonien bilden.
Hier sehen wir den typischen Lebenszyklus von Bakterien. Nur in der exponentiellen Wachstumsphase können Kolonien entstehen.
Welchen besonderen Nutzen bieten die koloniebildenden Methoden?
Sie sind seit über 100 Jahren weltweit verbreitet und bieten so einen gemeinsamen Standard. Selektive Nährmedien sind in der Lage einzelne Bakterien einer Gattung zu identifizieren.
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Stoffwechselmessgeräte

Der mikrobiologische Stoffwechsel kann grundsätzlich durch 2 Messmethoden erfasst werden, den ATP Stoffwechsel und die Enzymaktivität.
ATP ist der universelle Energieträger aller Zellen, aus diesem Grund gibt die ATP-Konzentration in einer Wasserprobe wichtige Hinweise auf mikrobiologische Aktivität. Über den Anteil an intrazellulärem ATP kann die Aktivität von lebenden Mikroorganismen sehr gut abgeschätzt werden.
Wird ATP zu einer Kombination von Lucieferin und dem Enzym der Luciferase hinzugefügt so wird der Reaktionsprozess beschleunigt und Licht erzeugt. (Glühwürmchen Effekt) Die Leuchtstärke ist vom ATP Gehalt abhängig und wird vom Messgerät erfasst.
Damit ATP erzeugt werden kann müssen Nährstoffe und bestenfalls auch Sauerstoff vorhanden sein. Daher ist ATP für die Messung in destilliertem Wasser oder Pharma Wasser weniger geeignet.
Messung der Enzymaktivität
Bakterien exprimieren Enzyme, um zu überleben, sich zu vermehren und sich an ihre Umgebung anzupassen. Diese Enzymaktivität ist Grundlage aller Stoffwechselprozesse und kann bei Enzymen der Alkaline Phosphatase auch unabhängig von ATP laufen. Die Enzyme übernehmen die Aufgabe ein vorhandenes Substrat zu spalten. Als Produkt entsteht dann z.B. eine Färbung oder eine Fluoreszenz, welche von der Enzymmenge abhängig ist und vom Messgerät gemessen werden kann.
Funktionsschema der Enzymaktivität – Enzyme spalten das passende Substrat ohne selbst verbraucht zu werden.
Die Enzymaktivität der Alkalinen Phosphatase ist ideal für Messungen von destilliertem oder Pharmawasser geeignet. Auch bakterielle Sporulationen können grundsätzlich gemessen werden, da lysierte Sporen innerhalb weniger Minuten Enzyme der Alkalinen Phosphatase exprimieren können.
Eine weitere Besonderheit ist die Spezifität von Bakterien und deren Enzymen. So können spezifisch E.Coli, Choliforme Keime und Enterokokken über passende Substrate gemessen werden.
Können Stoffwechselmessgeräte falsch positive oder falsch negative Messergebnisse liefern?
Bei ATP Messungen ist extrazelluläres ATP der wesentliche Störfaktor für falsch positive Ergebnisse.
Manuelle ATP Messgeräte, welche für die Wasseranalytik optimiert sind, konzentrieren sich durch Filterung auf das intrazelluläre ATP und können so sehr sensitiv den Stoffwechsel erfassen. Automatische Messgeräte messen das extrazelluläre ATP und nach mechanischen Aufschluss das Gesamt ATP bestehend aus extrazellulärem und intrazellulärem ATP. Die nachfolgende Berechnung des intrazellulären ATP funktioniert bei etwas höheren bakteriellem Stoffwechsel sehr präzise.
Falsch negative Werte sind mit der ATP dann möglich, wenn keine Nährstoffe mehr im Wasser vorhanden sind. Z.B. destilliertes Wasser, PharmaWasser, Stagnationswasser nach langen Standzeiten.
Enzymaktivitätsmessungen kennen weder falsch positive noch falsch negative Messergebnisse.
Welchen besonderen Nutzen bieten Stoffwechselmessgeräte?
Messgeräte des mikrobiologischen Stoffwechsel ermöglichen eine direkte Beurteilung der mikrobiologischen Aktivität und benötigen keine Baseline.
Dies hängt u.A. damit zusammen, dass Bakterien Ihren grössten Stoffwechsel in der exponentiellen Waschtumsphase haben. Mit Beginn der stationären Phase wird der Stoffwechsel immer weiter reduziert, bis beim Tod der Bakterienzelle kein Stoffwechsel mehr vorhanden ist.
So können direkt Proben verglichen und deren Gefährdungspotential identifiziert werden.
Auch können UV Desinfektionsleistungen direkt überwacht werden.
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Zellzählende Online- und Offline Messsysteme

Zellzählende Messsysteme erfassen die Anzahl lebender und toter Zellen in einer Probe.
Weit verbreitet sind Durchflusszytometer. Hier werden der Probe 2 Farbstoffe zugegeben. 1 Farbstoff z.B. SybrGreen ist in der Lage die Zellwand zu durchdringen eine 2ter Farbstoff kann nur bereits zerstörte Zellwände passieren. Dadurch kann zwischen Lebenden und toten Zellen unterschieden werden. Durch weitergehende Analysen sind auch Bakteriengrössen und ggf. auch Populationen erkennbar.
Übliche Online Durchlusszytometer können alle 30 Minuten eine Wassermenge von ca. 0.1ml analysieren,
Eine weitere Messmethode ist die mikroskopische KI basierende Bildanalyse bei welcher neben der Zellzahl auch Bakteriengrösse, Bakterienpopulation und Mikropartikel analysiert werden können. Diese Messmethode kann kontinuierlich messen und dabei bis zu 100ml / Minute analysieren.
Messwertanzeige der mikroskopischen Bildanalyse
Gemeinsamkeit der zellzählenden Messmethoden.
Zellzählende Messmethoden sind IMMER relative Messmethoden, die für den jeweiligen Messort gelten.
Eine Kontamination kann immer nur durch eine Abweichung zu üblichen Messwerten erkannt werden.
Auch werden bei zellzählenden Messmethoden Bakterien solange als lebend identifiziert, bis ihre Zellwand zerstört ist.
Die Anwendung zur Kontrolle von UV Desinfektionen ist beschränkt auf die Desinfektionsanlagen, welche in der Lage sind, die Zellwände der Bakterien zu zerstören. Das ist in Trinkwasseranlagen oftmals nicht der Fall.
Können zellzählende Messsysteme falsch positive oder falsch negative Messergebnisse liefern? Für die optischen System liegen zu wenig Erfahrungen vor.
Durchflusszytometer können falsch positive Messergebnisse liefern wenn sich Farbstoffe an Partikel binden, tote Zellen mit intakter Membran vorhanden sind oder Zelltrümmer und andere Bestandteile Fluoreszenzsignale erzeugen.
Auch falsche negative Ergebnisse sind möglich z.B. wenn Farbstoffe die Zellwand nicht durchdringen können oder Zellen bei der vorgeschalteten Filterung im Filter hängen bleiben und die eigentliche Messzelle nicht erreichen.
Welchen besonderen Nutzen bieten zellzählende Messgeräte?
Durchflusszytometer sind in der Wissenschaft und Laboren sehr weit verbreitet und bieten den Spezialisten vielfältige weitergehende Analysen.
Die optischen Systeme bieten eine kontinuierliche Messung mit nahezu sekündlichen Messwertupdates und sind so in der Lage jegliche Änderungen zu detektieren.
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Selektive Detektion durch Antikörper oder Fluoreszenz

Fluoreszenz tritt auf, wenn ein Molekül Lichtenergie bei einer Wellenlänge absorbiert und dann diese Energie bei einer anderen Wellenlänge aussendet.
Fluorometrische Blaualgensensoren z.B. senden blaues Licht aus. Blaualgen absorbieren diese Lichtenergie und emittieren rotes Licht, welches vom Sensor wieder gemessen wird. Je mehr rotes Licht emittiert wird, desto mehr Blaualgen sind vorhanden.
So können in sekundenschnelle Blaualgenkonzentrationen detektiert werden.
Fluoreszenzmessungen können manuell, online und Inline verwendet eingesetzt werden.
Manuelle Blaualgenmessung an einem Badesee
Antikörper
ELISA - Enzyme-Linked Immunosorbent Assay
Ein ELISA beruht darauf, dass Antikörper (die gezielt bestimmte Moleküle erkennen) an ein Zielprotein binden – und dass diese Bindung durch ein enzymatisches Farbsignal sichtbar gemacht wird.
Bei dieser manuellen Messmethode wird ein Fangantikörper auf einer Platte fixiert. Nach Zugabe der Probe koppelt ein zweiter Antikörper zusammen mit einem Enzym an das gesuchte Bakterium der Probe. Wie bei der Enzymaktivitätsmessung wird ein Substrat zugegeben, welches vom gekoppeltem Enzym gespalten wird. Die dabei entstehende Färbung wird gemessen. Je mehr Bakterienvorhanden sind, desto stärker die Färbung.
Die Technologie ist heute soweit ausgereift, dass innerhalb von 40 Minuten Legionellen in den einzelnen Serogruppen gemessen werden können.
Auswertung der Menge an Legionellen je Serogruppe.
Die Ergebnisse liegen bereits nach 40 Minuten vor
Schlussbemerkung:
Die hier aufgeführten Messmethoden bieten Betreibern von Anlagen der Wasserwirtschaft die Möglichkeit sehr schnell und sehr präzise die mikrobiologische Qualität ihres Wassers zu bestimmen.
Sie sind von der Handhabung und Präzision eine optimale Ergänzung für die koloniebildenden Methoden und ermöglichen es den Anlagenbetreibern, Kontaminationen frühzeitig zu detektieren und eine Verkeimung ihrer Anlage zu verhindern.
Favere Studie der Uni Gent. Hier wurde Trinkwasser mit verunreinigtem Wasser kontaminiert. Sehr deutlich wird sichtbar, dass die automatischen Messgeräte die Verunreinigungen deutlich sensitiver detektierten als die koloniebildenden Methoden. Besonders auffällig ist die Sensitivität der Stoffwechselmessgeräte ENZymaktivität und ATP Stoffwechsel.
In einem anderen Fall führte in einem Mineralbrunnenbetrieb eine kurzzeitige Verunreinigung an der Quelle zu einer Aufkeimung der ganzen Anlage. Die Messung der Stoffwechselaktivität hat diese Verunreinigung sofort deutlich angezeigt. Die Kulturbasierende KBE Methode erst nach mehreren Tagen.
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